Pressemitteilung: Jusos ziehen rote Linien: “Staatsbürgerschaft 2. Klasse und zurück zu Hartz IV? So ein Koalitionsvertrag wäre untragbar.”

Selin Jasmin
Jusos ziehen rote Linien: “Staatsbürgerschaft 2. Klasse und zurück zu Hartz IV? So ein Koalitionsvertrag wäre untragbar.”
Die Jusos im Bezirk Hannover kritisieren das Ergebnis der Sondierungen von Union und SPD in Teilen scharf. Die Jugendorganisation der SPD macht konkrete Punkte aus, die darüber entscheiden werden, ob die Jusos zur Ablehnung des Koalitionsvertrags aufrufen werden.
“Der Entzug der deutschen Staatsangehörigkeit ist eine absolute rote Linie für uns. Einen Koalitionsvertrag, der das ermöglichen will, werden wir ablehnen”, kommentierte Marco Albers (28), Co-Vorsitzender des Juso-Bezirksverbands und Mitglied des Juso-Bundesvorstands. “Der Entzug der Staatsangehörigkeit wurde im Nationalsozialismus gezielt genutzt, um Menschen völlig zu entrechten. Daraus hat die BRD die richtigen Schlüsse gezogen. Bis jetzt. Der Entzug der Rechte als Staatsbürger ist ein fundamentaler Bruch mit der Verfassungstradition dieses Landes und ein Schlag ins Gesicht für alle Antifaschist*innen in der SPD. Das hat die SPD noch im Januar genauso gesehen. Für aufrechte Sozialdemokrat*innen darf es keine Staatsbürgerschaft zweiter Klasse geben!” Darüber hinaus verurteilen die Jusos die geplanten Abschiebungen nach Syrien und Afghanistan. “Die Abschiebung von Straftätern ist laut Sondierungspapier nur der Anfang. Das ist für uns nicht hinnehmbar. Weder Syrien noch Afghanistan sind sicher. Wenn eine Koalition die Zustimmung der Jusos will, muss sie sich zu diesen humanitären Mindeststandards bekennen.” Eine weitere rote Linie stellen für die Jusos Zurückweisungen von Geflüchteten an der Staatsgrenze dar: “In der CDU wird schon jetzt versucht, die Einigung im Sondierungspapier auszuweiten und sogar ohne Zustimmung unserer europäischen Nachbarn die Grenzen zu schließen. Wir haben schon vor dem Eintritt in die Sondierungsgespräche klar formuliert und haben das bis zur Bundestagswahl auch als Überzeugung der SPD verstanden: Zurückweisungen an den deutschen Grenzen dürfen nicht im Koalitionsvertrag stehen, in keiner Form!”
Auch am Kapitel “Arbeit und Soziales” äußern die Jusos schwerwiegende Kritik. “Das Bürgergeld, das Ergebnis der letzten SPD-Erneuerung, wird stillschweigend abgeschafft. Die Rückkehr zum Vermittlungsvorrang und die vollständige Kürzung von Leistungen ist sogar noch schlimmer als Hartz IV. Hier wiederholt die SPD ihren unsozialen Sündenfall der Schröder-Jahre und entsorgt ihr eigenes Herzensprojekt”, ergänzt Lisa Jarmuth (25), Co-Vorsitzende der Jusos Bezirk Hannover. “Darüber hinaus lehnen wir die Abkehr von der täglichen Höchstarbeitszeit ab. Der 8-Stunden-Tag ist insbesondere für den Arbeitsschutz in körperlich belastenden Berufen, wie in der Pflege oder in der Industrie, unglaublich wichtig. Gerade Arbeiter*innen werden durch den 8-Stunden-Tag geschützt. Die SPD musste bei der Bundestagswahl feststellen, dass Arbeiter*innen das Vertrauen in sie verloren haben. Jetzt eine so Arbeiter*innen-feindliche Politik zu machen ist ein Schritt in die falsche Richtung!” Die Jusos Bezirk Hannover bekräftigen, dass die Zustimmung zur Großen Koalition kein Selbstläufer sein wird. Nur mit den genannten Änderungen in den Kapiteln zu Migration und Arbeit und Soziales sei eine Zustimmung der Jusos überhaupt denkbar. “Glaubwürdigkeit braucht Haltung!”, bekräftigt Jarmuth. “Und diese Haltung fehlt im Sondierungspapier an zu vielen Stellen.”
Der Bezirk Hannover ist der größte der vier Bezirke innerhalb der niedersächsischen SPD.